Flucht aus Syrien:

Ahmad Alrashed und seine Frau Hanan

Ahmad Alrashed und seine Frau Hanan

Die Geschichte unseres Kollegen Ahmad Alrashed

Am 3. März läuteten europaweit um 12 Uhr mittags die Glocken als Zeichen gegen den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine. Auch das St. Elisabeth-Stift in Berlin-Prenzlauer Berg hat sich an dieser Aktion beteiligt. Geläutet hat Ahmad Alrashed aus Syrien. Er musste selbst vor dem Krieg in seiner Heimat fliehen, so wie jetzt viele Ukrainerinnen und Ukrainer. Hier ist seine Geschichte:

Ahmad Alrashed (41) hat in Syrien nach dem Abitur Wirtschaftswissenschaften studiert. Danach arbeitete er als Buchhalter im Ministerium für Elektrizität und Energie. Er lebte mit seiner Frau Hanan und seinen zwei Söhnen Mohammed und Taem in der Stadt Deir ez-Zor im Osten Syriens.

Verlust der Heimat

2011 begann der Bürgerkrieg in Syrien, und 2014 entschloss sich Ahmad Alrashed mit seiner Familie zur Flucht. Er erzählt: „Ich verließ meine Stadt Deir ez-Zor, weil ich nicht in der Armee gegen meine Landsleute kämpfen wollte und weil die Situation unerträglich und lebensgefährlich geworden war.“

Seine Stadt war einmal wunderschön, berichtet Ahmad Alrashed. „Sie ist die sechstgrößte Stadt in Syrien, liegt am Euphrat und ist von fruchtbarem Boden umgeben. Die Region besitzt sehr reiche Vorkommen von Erdgas und Erdöl.“ Dann kam der Bürgerkrieg und dann die Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS). „Heute ist Deir ez-Zor zu 85 % zerstört.“

Auf der Flucht

Die Flucht führte die Familie zunächst in die Türkei: „Dort haben wir fünf Monate auf die Möglichkeit gewartet, weiterzureisen. Aufgrund der hohen Kosten konnten wir nicht alle zusammen weiter. Ich ließ meine Frau und meinen kleineren Sohn schweren Herzens zurück nach Syrien reisen.“ Ahmad Alrashed und sein älterer Sohn - noch nicht einmal sechs Jahre alt - fuhren mit weiteren 36 Personen in einem Acht-Meter-Boot viereinhalb Stunden über das Meer nach Griechenland. Dann liefen sie den weiten Weg über Mazedonien und Serbien bis nach Ungarn. Dort kamen sie für drei Tage in Haft und mussten alle ihre Papiere abgeben. Sie gelangten schließlich über Österreich nach Deutschland. „Der Weg war sehr beschwerlich und sehr, sehr lang. Ich war insgesamt 37 Tage von der Türkei bis nach Deutschland unterwegs. Ich lief meist zehn Stunden nachts mit meinem Sohn auf dem Rücken. Manchmal sage ich mir, wie kann ein Mensch das aushalten, was ich alles erlebt und gesehen habe?“

Angekommen

2016 kam Ahmad Alrashed zum St. Elisabeth-Stift. Er absolvierte einen Deutschkurs und brachte sich in ehrenamtlicher Arbeit im Haus ein. Seit Oktober 2017 ist er fester Mitarbeiter an der Rezeption und hat zusätzlich verschiedene Verwaltungs- und buchhalterische Aufgaben übernommen.

Drei Jahre, drei Monate und einen Tag hat Ahmad Alrashed auf seine Frau und seinen jüngeren Sohn gewartet. Dann konnten sie endlich auch nach Deutschland reisen. Inzwischen hat er mit seiner Frau Hanan noch eine kleine Tochter bekommen.

Ahmad Alrashed ist sehr dankbar für die Hilfe, die er in Deutschland erhalten hat. Seine Mutter, seine Geschwister und andere Familienmitglieder leben noch immer in Syrien. Er macht sich jeden Tag große Sorgen um sie und unterstützt sie, wo er kann. Aber der Weg nach Syrien ist ihm versperrt: „Ich sehne mich sehr nach meiner Heimat und möchte, sobald es geht, wieder zurück, aber meine Wohnung, meine Arbeit... alles ist zerstört und es ist noch immer Krieg, und wenn ich zurückkomme, werde ich verhaftet, weil ich geflohen bin.“

Ahmad Alrashed/Birgit Schulz/Daniela Schalhorn

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