Denise Kniesche
Denise Kniesche

Was ist mir wichtig?

Im Leben stellt sich vielleicht der Eine oder Andere immer mal wieder diese Frage. Wir stellen sie uns meist nicht, wenn es uns gut geht. Da hadern wir nicht mit Vertrauen, Liebe, Gelassenheit, Sinn und Selbstfindung, Bewusstheit und Achtsamkeit.


Was uns wirklich wichtig im Leben ist, zu der Erkenntnis kommen wir meistens erst, wenn Krisen in unser Leben treten. Dann sehen wir vielleicht bei einem Freund, einem Arbeitskollegen oder in der Familie, wie sich Einstellungen, Wahrnehmung oder Bewusstheit wandeln. Doch wandeln wir uns dann auch selber? Meistens hält dieser Zustand nur kurz an, bevor wir wieder in unseren alten Trott zurückfallen.


Im Englischen gibt es einen schönen Spruch: „There´s no light without dark“ - Es gibt kein Licht ohne Schatten. Stellen Sie sich einen Lebensbaum vor, auf den die Sonne scheint. Unter ihm ist ein Spiel aus Licht und Schatten. Unter dem Baum steht man mal im Schatten und mal im Licht, so wie im Leben auch. Das ist normal, das ist in Ordnung und das gehört dazu. Die harschen Schatten lehren uns, was wir wollen, und wir brauchen diesen Kontrast um zu wachsen. Wichtig ist, auf die eigene Intuition zu hören. In dem Moment, in dem man anfängt an sich zu arbeiten, wird man auch mehr Mitgefühl für sich selber bekommen, wird bessere Entscheidungen für sich selber treffen können und gleichzeitig mehr Mitgefühl für andere haben und trotzdem die eigenen Grenzen kennen.


Auch im Bereich der Kinder- und Jugendhilfe erfahren wir häufig unsere eigenen Grenzen und die unserer Klientinnen und Klienten. Auch und vielleicht gerade im vergangenen Jahr standen sowohl die Mitarbeitenden als auch die Klientinnen und Klienten immer wieder vor herausfordernden Situationen, die mit Empathie, Mitgefühl und Nächstenliebe gut gemeistert werden konnten. Den Blick für sich selber dabei nicht zu verlieren ist die Herausforderung, die uns unsere Arbeit und das Leben im Allgemeinen lehrt.


Kürzlich habe ich dazu eine schöne Geschichte gelesen, die ich Ihnen nicht vorenthalten möchte:


Es war einmal ein Wasserträger in Indien. Auf seinen Schultern ruhte ein schwerer Holzstab, an dem rechts und links je ein großer Wasserkrug befestigt war. Nun hatte einer der Krüge einen Sprung. Der andere hingegen war perfekt geformt und mit ihm konnte der Wasserträger am Ende seines langen Weges vom Fluss zum Haus seines Herren eine volle Portion Wasser abliefern. In dem kaputten Krug war hingegen immer nur etwa die Hälfte des Wassers, wenn er am Haus ankam. Für volle zwei Jahre lieferte der Wasserträger seinem Herren also einen vollen und einen halbvollen Krug. Der perfekte der beiden Krüge war natürlich sehr stolz darauf, dass der Wasserträger in ihm immer eine volle Portion transportieren konnte. Der Krug mit dem Sprung hingegen schämte sich, dass er durch seinen Makel nur halb so gut war wie der andere Krug. Nach zwei Jahren Scham hielt der kaputte Krug es nicht mehr aus und sprach zu seinem Träger: „Ich schäme mich so für mich selbst und ich möchte mich bei dir entschuldigen.” Der Wasserträger schaute den Krug an und fragte: „Aber wofür denn? Wofür schämst du dich?” „Ich war die ganze Zeit nicht in der Lage, das Wasser zu halten, so dass du durch mich immer nur die Hälfte zu dem Haus deines Herren bringen konntest. Du hast die volle Anstrengung, bekommst aber nicht den vollen Lohn, weil du immer nur anderthalb statt zwei Krüge Wasser ablieferst”, sprach der Krug. Dem Wasserträger tat der alte Krug leid und er wollte ihn trösten. So sprach er: „Achte gleich einmal, wenn wir zum Haus meines Herren gehen, auf die wundervollen Wildblumen am Straßenrand.” Der Krug konnte daraufhin ein wenig lächeln und so machten sie sich auf den Weg. Am Ende des Weges jedoch fühlte sich der Krug wieder ganz elend und entschuldigte sich erneut zerknirscht bei dem Wasserträger. Der aber erwiderte: „Hast du die Wildblumen am Straßenrand gesehen? Ist dir aufgefallen, dass sie nur auf deiner Seite des Weges wachsen, nicht aber auf der, wo ich den anderen Krug trage? Ich wusste von Beginn an über deinen Sprung. Und so habe ich einige Wildblumensamen gesammelt und sie auf deiner Seite des Weges verstreut. Jedes Mal, wenn wir zum Haus meines Herren liefen, hast du sie gewässert. Ich habe jeden Tag einige dieser wundervollen Blumen pflücken können und damit den Tisch meines Herren dekoriert. Und all diese Schönheit hast du geschaffen.”


In diesem Sinne genießen Sie den Sommer, genießen Sie die neue, alte Freiheit und denken Sie immer daran, dass, wenn man auch nicht immer bekommt, was man sich gewünscht hat, so ist doch das Leben das wahre Geschenk.

 

Ihre Denise Kniesche
Referentin für Pädagogik & Qualitätsmanagement
Geschäftsbereich Kinder, Jugend und Familie

Zurück

Diesen Artikel ausdrucken