Appell gegen „diskriminierendes Verhalten - antidemokratische Tendenzen“

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Im Februar 2019 kommunizierte die Mitarbeitervertretung (MAV) der Stephanus-Werkstätten Berlin gemeinnützige GmbH einen Appell gegen „diskriminierendes Verhalten - antidemokratische Tendenzen“. Darin heißt es:

„Seit einigen Jahren und verstärkt seit 2015 müssen wir in öffentlichen Debatten und in sozialen Medien diskriminierende und rassistische Äußerungen zur Kenntnis nehmen. Meinungen, die andere Menschen aufgrund ihrer Herkunft, Religion, sexueller Orientierung o.ä. ausgrenzen und herabwürdigen, sind scheinbar wieder salonfähig geworden. Diese Tendenzen bemerken wir leider auch bei Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern unserer Einrichtungen. Bilder und Videos mit extremistischen oder rassistischen Inhalten werden in WhatsApp-Gruppen verbreitet und in persönlichen Gesprächen oder auch in der Öffentlichkeit geäußert.

Wir Mitarbeitervertreterinnen und Mitarbeitervertreter beobachten diese Entwicklung mit Sorge. Die MAV der Stephanus-Werkstätten Berlin positioniert sich eindeutig gegen diskriminierendes und menschenfeindliches Verhalten und setzt sich für eine ebenso klare Haltung der Stephanus-Stiftung und der bei ihr tätigen Menschen ein. Rassismus, Antisemitismus und Homophobie sind mit dem Leitbild der Stephanus-Stiftung und dem diakonischen Auftrag ebenso wenig vereinbar, wie politischer Extremismus und Demokratiefeindlichkeit.

Die MAV der Stephanus-Werkstätten Berlin gemeinnützige GmbH möchte ein Zeichen setzen und wünscht sich, dass sich die Mitarbeitervertretungen und Leitungsgremien der Stephanus-Stiftung diesem Appell anschließen.“

Dieser Aufforderung schlossen sich zahlreiche Mitarbeitervertretungen sowie Leitungsgremien der Stephanus-Stiftung an. Die Leitungskonferenz (Geschäftsbereichsleitungen, Vorstand und Stabsstellen) hielten in einem Protokoll fest: „Die Mitglieder der Leitungskonferenz der Stephanus-Stiftung begrüßen und unterstützen den Appell der MAV der Stephanus-Werkstätten Berlin gGmbH. Unsere Überzeugung, dass jeder Mensch Geschöpf Gottes ist und von seiner Liebe getragen wird, gilt unabhängig von Religion, Hautfarbe, Herkunft und sexueller Orientierung. Äußerungen, die dem widersprechen und Menschen herabwürdigen, treten wir ausdrücklich entgegen. Wir bitten alle Leitungsebenen und die lokalen Mitarbeitervertretungen hierzu mit den Kolleginnen und Kollegen ins Gespräch zu gehen.“

Der Appell zeigt bereits Wirkung: Er wird in vielen Einrichtungen diskutiert. Wegen einiger Nachfragen, ob es denn einen konkreten Anlass für den Appell gab, informierte Ralf Zimmermann, Vorsitzender der Mitarbeitervertretung der Stephanus-Werkstätten Berlin und Vorsitzender des Verbund Gesamtmitarbeitervertretung, die Interessierten im März in einem weiteren Brief über die Hintergründe.

Darin dankt er für die vielen Reaktionen und schreibt: „Ja, es gab einen Vorfall. Daraus folgend werden wir uns in mehreren Gesprächsrunden in verschiedenen Häusern mit den Themen Rechtspopulismus und gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit beschäftigen. Dass wir eine solche Kampagne machen, hat jedoch nichts mit einer - vermeintlichen - Brisanz zu tun, sondern mit dem Willen, rechtzeitig und deutlich gegen solche Erscheinungen anzugehen.“

Ralf Zimmermann geht davon aus, dass es auch in anderen Einrichtungen der Stephanus-Stiftung ähnliche Vorfälle gibt. Deshalb schreibt er: „Teilweise werden sie vielleicht als zu banal empfunden, um darauf zu reagieren oder man möchte keine „schlechte Stimmung“ machen, indem man sich gegen verbale Grenzüberschreitungen wehrt. Uns ist es wichtig, dagegen ein Zeichen zu setzen!“

Auch der Werkstattrat, die Interessenvertretung der Beschäftigten, befasst sich mit der Problematik. Er lässt sich dabei vom Projekt „Demokratie gewinnt!“ sowie dem Mobilen Beratungsteam Berlin (MBT) unterstützen. „Als ein weiteres Ziel sollte die Kampagne eine Diskussion über die Entsolidarisierung in der Gesellschaft auslösen“, begründet Ralf Zimmermann. „Wer sich heute gegen den Schutz und die Hilfe für Minderheiten ausspricht, weil sie hier nicht ‚hergehören‘ oder gar selbst schuld an ihrer Lage sind, wird im nächsten Schritt nicht davor zurückschrecken, die Unterstützung und Hilfe für Menschen mit Behinderung infrage zu stellen.“ Das sei keine Mutmaßung, sondern die Lehre aus unserer Geschichte.

Martin Jeutner
Leiter Stabsstelle Unternehmenskommunikation

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