Diakonie Erinnerungsort Brüssow

Gedenken an die dunklen Seiten unserer Geschichte

175 Jahre Diakonie – das bedeutet auch mahnendes Gedenken an die Opfer der nationalsozialistischen Morde im Rahmen des sog. Euthanasie-Programms. Diakonie heißt hier, Verantwortung zu übernehmen, indem die Erinnerungen wachgehalten und die Vorgänge aufgearbeitet werden.   

Gemeinsam mit der Kirchengemeinde Brüssow erinnern das Stephanus-Seniorenzentrum Haus am See am Sonntag Reminiszere, am 5. März 2023, in einem Gottesdienst an Kinder und Jugendliche mit geistiger Behinderung, die in den 1940er-Jahren im damaligen „Rothen Haus“ lebten und von dort aus dem Mord-Programm der sogenannten Operation T4 zum Opfer fielen.  

Zeit: Sonntag, 5. März 2023, 10.00 Uhr
Ort: Seniorenzentrum Haus am See, Prenzlauer Straße 23b,17326 Brüssow
Kontakt: Kersten Höft, Einrichtungsleiter Haus am See, Mail: kersten.hoeft@stephanus.org  

Namentlich bekannt ist das Schicksal von Horst-Werner Kuss, der 1932 in Berlin vermutlich mit einer autistischen Störung zur Welt kam. 1938 wurde er aus der „Städtischen Kindernervenklinik“ in Berlin-Wittenau nach Brüssow verlegt. Wahrscheinlich wurde er 1942 mit allen anderen Kindern des Kinderheims nach Bad Freienwalde umgezogen. 1944 brachte man den Jungen wieder nach Berlin in die Wittenauer Kinderfachabteilung im Wiesengrund. Dieses Haus erlangte eine schreckliche Berühmtheit durch die medizinischen Versuche an den Kindern und Jugendlichen, die dort vorgenommen wurden. Über weitere Stationen wurde Horst-Werner Kuss mit anderen am 30. August 1944 in die „Heilanstalt“ Meseritz-Obrawalde (heute in Polen) transportiert und dort am 5. Dezember 1944 ermordet.  

Das damalige „Rothe Haus“ in Brüssow war seinerzeit vom staatlichen Hauptgesundheitsamt sowie der Kindernervenklinik in Berlin-Wittenau mit der „Kinderfachabteilung im Wiesengrund“ abhängig. Beide Organisationen waren aktiv in die Kindereuthanasieaktion eingebunden. Seit 1973 ist die Brüssower Einrichtung Teil der Stephanus-Stiftung. Heute leben dort in einem modernen Ambiente Menschen im Alter. Das mahnende Gedenken an die Schicksale früherer Bewohner*innen ist der Stephanus-Stiftung ein wichtiges Anliegen.  

Aus Nächstenliebe eröffneten Christen im Jahre 1847 in Brüssow ein „Rettungshaus“ nach dem Vorbild Johann Hinrich Wicherns. Der gründete 1833 in Hamburg das „Rauhe Haus“ für heimatlose Kinder und Jugendliche. Mit seiner Forderung: „Mut zur ersten kleinen Tat“ begann bereits vor 176 Jahren die sozial-diakonische Arbeit in der Uckermark.

Heute ist die Stephanus-Stiftung für über 700 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der Uckermark eine verlässliche Arbeitgeberin und gehört zu den wichtigen sozialwirtschaftlichen Unternehmen in der Region. Hier trägt sie Verantwortung für soziale Aufgaben und Dienste. Die Einrichtungen im Landkreis befinden sich in Templin, Lychen, Milmersdorf, Brüssow und Haßleben. Nahezu 1.200 Erwachsene, Kinder und Jugendliche nehmen dort soziale Leistungen in Anspruch.

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