„Sport bringt viel Gutes für die Arbeitsatmosphäre“

Bildunterschrift: Mit einer Bronzemedaille im 100-Meter-Lauf war Maren Koenitz aus Potsdam erfolgreich.

Irina Helmstädter ist seit dem Jahr 2009 Mitarbeiterin im Begleitenden Dienst der Stephanus-Werkstätten Berlin-Weißensee. In verschiedenen Sportkursen motiviert und trainiert sie Menschen mit Assistenzbedarf, die sich auf unterschiedlichste Weise sportlich betätigen. Bei den diesjährigen Nationalen Special Olympics im Juni in Berlin wurde ihr die Ehre zu teil, den Trainereid auf der Eröffnungsveranstaltung zu sprechen. Im Interview mit Martin Jeutner erzählt sie von Motivation und dem inneren Schweinehund.

Frau Helmstädter, was bedeutet Ihnen Sport?

Auf Arbeit nutze ich jede Gelegenheit, regelmäßig im Rahmen der Kurse auch mitzumachen und nicht nur die Anleiterin zu sein. Ich merke schnell, wenn diese tägliche Bewegung fehlt. Dann treibt es mich auch zu Hause mal auf die Laufbahn oder in einen Sportkurs im Fitness-Center. Es gab Zeiten, da habe ich mich in meiner Freizeit viel mehr aktiv dem Sport gewidmet. Ich habe Volleyball gespielt, war regelmäßig Laufen und Schwimmen und habe so einige Jahre mit Rhythmischer Sportgymnastik verbracht. Der Alltag und die Prioritäten haben sich verändert, der „Innere Schweinehund“ ist gewachsen…  


Wie hat sich das sportliche Leben in den Stephanus-Werkstätten entwickelt?

Im Rahmen der Begleitenden Angebote gibt es ein breit aufgestelltes Bewegungsangebot.  Viele Kurse sind sehr beliebt und finden immer wieder statt. Wir bieten aber immer wieder etwas Neues an, z.B. Lauftraining, Boccia oder Wikinger-Schach. Im Rahmen dieser Angebote bereiten wir auch anstehende Wettbewerbe vor, wie z.B. die Teamstaffel oder die Wettbewerbe im Rahmen von Special Olympics. Und natürlich sind wir auch mit der Corona-Zeit gegangen: Wenn möglich, haben wir Bewegungsangebote an der frischen Luft gemacht. Und eine Zeit lang haben wir online (über MS Teams) zur regelmäßigen Schultergymnastik eingeladen.
 

Welche sportlichen Aktivitäten bieten Sie an?  

Die Palette reicht von einfachen Bewegungsangeboten, in denen viele Übungen im Sitzen und Stehen durchgeführt werden können und wo Spiel und Spaß im Vordergrund stehen, aber auch Nordic Walking, Tischtennis, Bowling und Schwimmen bis hin zu Fitnesskursen für Frauen, Rückenkursen und Trainingsangeboten an Fitnessgeräten (im Wilheminenhof).  
 

Welche Rolle spielen die sportlichen Angebote in den Werkstätten?

Für viele Beschäftigte spielen die sportlichen Angebote in den Werkstätten eine große Rolle. Sie nutzen die Sportkurse als Ausgleich zu den Tätigkeiten im Arbeitsalltag. Die Kurse tragen viel zur Gesundheit bei, steigern das Wohlbefinden und die Motivation. Viele finden es auch toll, auf Kolleg*innen aus anderen Arbeitsbereichen zu treffen. Die Sportkurse werden im Rahmen der arbeitsbegleitenden Maßnahmen angeboten. Sie dienen der Erhaltung und Verbesserung der individuellen Fähigkeiten und der Weiterentwicklung der Persönlichkeiten.  
Viele Beschäftigte haben ihre „Lieblingskurse“. Aber auch neue Angebote sind immer willkommen. Unsere Werkstattleitung unterstützt die Schaffung standortübergreifender neuer Sportangebote, so wie nach der Coronapause auch die Rückkehr zu den regelmäßigen und attraktiven Kursstrukturen. Ein erster Schritt in die Richtung waren die Teamstaffel und die Nationalen Spiele von Special Olympics im Juni. Ich freue mich auf die Weiterentwicklung der Angebote. Ich finde, dass sie auch ein schönes Aushängeschild für unsere Werkstatt sind.


Wie viele Beschäftigte nehmen diese Angebote in Anspruch?  

Je Kurs gibt es sechs bis acht Plätze. Im Kursjahr 2019/2020 nahmen in Weißensee 125 Beschäftigte an den Kursen teil (bis Februar 2020). Aktuell können 90 Beschäftigte der Werkstatt in Weißensee an Sportkursen teilnehmen. Im März haben wir wieder mit einem kleinen Sportkurs-Programm begonnen, welches jetzt über den Sommer ausgebaut wird. Und alle freuen sich darauf, dass wir auch wieder die Arbeitsbereiche durchmischen dürfen. Das erweitert die Angebotspalette.


Wie haben Sie sich auf die Special Olympics vorbereitet?  

Nach der Zustimmung der Werkstattleitung zu diesem „Projekt“ habe ich zuallererst die Unterstützung meiner Familie eingeholt. Die Wettbewerbe und Veranstaltungen gingen ja teilweise bis in den Abend und die Nacht. Auch der Anmeldeprozess im Vorfeld war Neuland. Mir war auch die Kommunikation mit allen beteiligten Athlet*innen, Eltern, Wohngruppen wichtig. Da musste ich immer mal wieder ein wenig mehr denken und arbeiten.


Wie erging es Ihnen, als Sie den Trainereid gesprochen haben?

Ich mochte den Eid sehr und habe ihn gerne gesprochen. Es war ein wirklich besonderer Moment. Und natürlich war ich im Vorfeld aufgeregt.
 

Wie viele Athletinnen und Athleten haben aus den Stephanus-Werkstätten Berlin an den Special Olympics teilgenommen?

Unsere Mannschaft der Stephanus-Werkstätten bestand aus 17 Athlet*innen. Begleitet wurden sie von sechs Kolleginnen und Kollegen.  

 
Wie haben Sie die Athletinnen und Athleten vorbereitet?

Die Athlet*innen haben sich im Rahmen unserer Begleitenden Angebote vorbereitet. Die Bowler*innen zum Beispiel sind nach der coronabedingten Winterpause ab März 2022 wieder an die Bahn getreten. Stets getestet, denn zu diesem Zeitpunkt fanden die Sportangebote nur arbeitsgruppenweise statt. Da haben wir von einer Ausnahme profitiert. Zu einer wichtigen Vorbereitung gehörte für alle auch die Teilnahme an den Landesspielen 2021 Berlin (Lichtenberg).


In welchen Disziplinen traten die Berliner Stephanus-Sportler*innen an?

Die Sportler*innen der Stephanus-Werkstätten Berlin sind in drei Sportarten angetreten: Boccia, Bowling und Tischtennis. Dabei haben sie acht Medaillen mit nach Hause gebracht.

 
Was wünschen Sie sich für den Sport bei Stephanus?

Ich finde die Teamstaffel im Berliner Tiergarten ein tolles Stephanus-Ereignis. Weil hier Mitarbeitende und Menschen mit Beeinträchtigung gemeinsam an den Start gehen und einen schönen Abend verbringen über alle Bereichsgrenzen hinweg. Auch bei Special Olympics gibt es die Unified-Disziplinen. Ich würde gerne mehr Anlässe schaffen, bei denen viele verschiedene Menschen teilhaben. Auch mal nach der Arbeit, in der Freizeit – denn das bringt viel Gutes für die Arbeitsatmosphäre. Und man ist nicht allein gegen den inneren Schweinehund.
 

Welche Rolle spielen die World Games im nächsten Jahr?

Die Special Olympics World Games finden vom 17. Juni 2023 bis zum 25. Juni 2023 in Berlin statt. Da wollen wir irgendwie dabei sein. Es gibt nur wenige Startplätze. Wir überlegen gerade, welche Sportler*innen wir anmelden. Aber wenn wir es nicht in die 670-köpfige Mannschaft von Special Olympics Deutschland schaffen, dann melden wir uns als Helfer*innen.

Vielen Dank und alles Gute.

Zurück

Diesen Artikel ausdrucken