Whistleblowing

„Weil Hinweisgeber wichtig sind..."

 

Menschen, die in Unternehmen, Behörden oder Verbänden Hinweise auf Fehlverhalten oder gar strafbares Verhalten geben, tun dies nach aktuellen Studien in neun von zehn Fällen deshalb, weil sie sich mit der jeweiligen Organisation identifizieren. Die meist Mitarbeitenden möchten, dass aufgefallene Missstände abgestellt werden, um die Organisation nicht zu gefährden. Der weitverbreitete Vorwurf, dass solche Hinweisgeber*innen (oder – Whistleblower, wie sie im englischsprachigen Raum genannt werden) aus Rache oder denunziatorischen Motiven heraus Fehlverhalten melden, ist empirisch nicht belegt.

Auch der Vorstand der Stephanus-Stiftung befasst sich schon seit längerer Zeit mit diesem Thema. Es geht um die Frage, ob die Einführung eines internen Hinweisgeber-Systems, zusätzlich zu den bereits bestehenden Meldesystemen, bei Stephanus sinnvoll ist. Gerade weil Hinweisgeberinnen und Hinweisgeber in der ganz überwiegenden Anzahl der Fälle aus moralisch-ethischer Motivation handeln und mit ihrem Hinweis Schaden vom Unternehmen abwenden wollen, möchte der Vorstand Menschen ermuntern, ihre Hinweise und Vorschläge zu teilen.  

Dabei sollte auch künftig der erste Weg zur jeweils vorgesetzten Person führen. Auch Leitungskräfte sind sehr daran interessiert, in ihrem jeweiligen Verantwortungsbereich von Missständen zu erfahren, um dagegen vorgehen zu können.  

Daneben soll es bei Stephanus in Zukunft ein internes Meldeverfahren geben, an das sich Hinweisgeber*innen wenden können. „Wir wissen, dass es Menschen häufig Überwindung kostet, Missstände mitzuteilen, die ihre eigenen Kolleginnen und Kollegen betreffen“, sagt der Vorstandsvorsitzende Pastor Torsten Silberbach. „Deshalb achten wir ihren Wunsch nach Anonymität, wenn sie Nachteile befürchten.“  


Hinweisgeber*innen wollen Schaden vom Unternehmen abwenden  

Das interne Meldesystem in der Stephanus-Stiftung wird von einem externen Rechtsanwalt begleitet. Ihm ist es gesetzlich verboten, der Stephanus-Leitung die Namen von Hinweisgeber*innen mitzuteilen, wenn sie das nicht ausdrücklich erlauben. Die meldende Person bleibt also anonym, wenn sie dies will.  

„Unsere Botschaft ist klar: Hinweise zu möglichen Missständen sind für Stephanus wichtig, damit wir jeden Tag ein bisschen besser werden können“, sagt Vorständin Pfarrerin Dr. Ellen Ueberschär. „Für uns ist nicht entscheidend, wer uns etwas mitteilt, sondern ob die Hinweise begründet sind und wir etwas verändern müssen", so Pfarrerin Ueberschär weiter.

Die Stephanus-Stiftung wird hierzu mit einem Berliner Rechtsanwalt und einer Berliner Rechtsanwältin zusammenarbeiten. Mit viel Erfahrung und Fingerspitzengefühl beraten sie bereits über 50 Unternehmen aus der Sozialwirtschaft, dem öffentlichen Bereich sowie Wirtschaftsunternehmen.

Derzeit ist das neue Verfahren im Abstimmungsprozess mit den Leitungsgremien sowie der Mitarbeitervertretung. Mit einer Stephanus-Ordnung möchte der Vorstand dieses neue Verfahren bis zum Jahresende ausrollen und offensiv an die Mitarbeiterschaft kommunizieren.

„Uns ist wichtig, dass das neue System nicht die bisherigen bewährten Systeme ersetzt“, sagt Vorstand Harald Thiel. „Das Qualitätsmanagement in den Geschäftsbereichen, die wichtige Rolle der Mitarbeitervertretung und die Stephanus-Vertrauensleute bleiben weiterhin für alle Menschen ansprechbar und werden sich auch künftig für die Belange der Mitarbeitenden einsetzen.“

Derzeit diskutiert auch die Bundesregierung ein Gesetz, um Hinweisgeber*innen zu schützen. Die Stephanus-Stiftung möchte diesen Schutz aber schon vorher und unabhängig von der Frage umsetzen, ob der Gesetzgeber vielleicht später alle Unternehmen zu Hinweisgebersystemen verpflichten wird.  
 

Roland Heller
Stabsstelle Recht und Compliance

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