Heike Seidel,  Leiterin der Mutter/Vater - Kind Wohnen DOMUS
Heike Seidel ist Leiterin der Mutter/Vater - Kind Wohnen DOMUS der Stephanus gGmbH in Berlin Grünau.

Von Heike Seidel

Kurz nach der Bundestagswahl mit ihren Ergebnissen ist es mir ein dringendes Bedürfnis, etwas über meine Erwartungen an politisches Handeln in unserem Land zu sagen und uns selbst Mut zu machen. 

Ich erwarte und wünsche mir von politisch Verantwortlichen in unserem Land, dass wir uns Menschen aus anderen Ländern gegenüber nicht schuldig machen. Dass wir uns wertschätzend verhalten und weiterhin helfen, wenn andere in Not sind. Dazu gehört auch ein Handeln, dass andere Völker gar nicht erst in wirtschaftliche Not bringt und Kriege vermeiden hilft. 

Und ich erwarte ein Handeln, dass soziale Gerechtigkeit herstellt. Was die Berufsfelder in unseren Einrichtungen betrifft, bedeutet das aus meiner Sicht auch, ein Einkommen für Erzieherinnen und Pflegekräfte, das nicht nur in der Gegenwart einen ausreichenden Lebensunterhalt sichert, sondern auch eine spätere Altersarmut verhindert. 

Bezogen auf die sehr jungen Mütter und Kinder, die wir betreuen heißt soziale Gerechtigkeit auch, dass die Gesellschaft mehr für die Kinder tun muss. Die soziale Situation der Familien, die in unserer Einrichtung betreut werden, ist i. d. R. dadurch gekennzeichnet, dass die Mütter nur selten einen Schulabschluss erreichen, nur in Ausnahmefällen einen Beruf erlernen, in der Folge von Hartz IV leben und für die Kinder damit Armut vorprogrammiert ist. Hier bedarf es neuer Wege sowohl in der Schule als auch in der Gestaltung von Ausbildungsmöglichkeiten, in der Betreuung durch staatliche Institutionen wie Jugendämter, Sozialämter, Jobcenter und Agenturen für Arbeit. Und letztlich bedeutet Armut nicht nur wenig Geld, sondern auch eine Ausgrenzung aus vielen Bereichen der Gesellschaft.

Ich möchte uns in diesen Tagen ermutigen, eine Haltung zu vertreten, die nationalistischem, rechtem Gedankengut entschieden entgegentritt und zugleich Ängste und Sorgen von Menschen, die am unteren Rand der Gesellschaft leben, sehr ernst nimmt. 

Was das konkret heißt, kann sicher nur jeder an seinem Platz immer wieder neu bestimmen. Aber es ist mir ein tiefes Bedürfnis, an so einem Tag nicht nur Freunden, sondern auch Kolleginnen und Kollegen zu sagen, dass ich große Ängste und Sorgen habe, was die soziale und politische Entwicklung in unserem Land betrifft. Und ich möchte mich der Gemeinschaft all derer versichern, die in unserem Träger Verantwortung für Mitarbeitende tragen und für diejenigen, die wir betreuen, die sich uns anvertrauen.

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