Soziale Arbeit kennenlernen - Freiwillige bringen sich gern ein und wollen durchaus mehr

Milena Damitz

Milena Damitz

Junge oder erwachsene Menschen für soziale Arbeit zu interessieren ist möglich. Dazu gibt es verschiedene staatlich finanzierte Programme. Das Freiwillige Soziale Jahr (FSJ) gibt es bereits seit 1964 und das Freiwillige Ökologische Jahr (FÖJ) seit 1993. Die Bundesregierung führte 2011 den Bundesfreiwilligendienst (BfD) ein und ersetzte so den Zivildienst. Neu war, dass der BfD auch für Frauen offen ist und es keine Altersbeschränkung gibt wie bei FSJ und FÖJ.

Umsonst ist der Einsatz der Freiwilligen für soziale Einrichtungen nicht. Sie müssen das jeweilige Taschengeld von rund 490 Euro pro Monat kalkulieren plus eine Gebühr von 145 Euro pro Person für die Maßnahmenträger, die begleitende Seminare durchführen.

In der Stephanus-Stiftung sind derzeit 18 Personen tätig: Sieben im Bundesfreiwilligendienst und 11 im Freiwilligen Sozialen Jahr. Im Bereich Bildung sind sieben Personen tätig, in den Werkstätten ebenfalls sieben. Im Bereich Wohnen und Assistenz sind es drei und im Bereich Kinder-Jugend-Familien eine Person. Die Altersspanne im FSJ bewegt sich zwischen 18 und 24 Jahren, im BfD zwischen 19 und 55 Jahren.

Was motiviert diese Freiwilligen, sich für einen Dienst in der Stephanus-Stiftung zu entscheiden? Milena Damitz absolviert seit dem 1. Juli 2020 ein FSJ in der integrativen Wohngruppe „Haus am Seenkreuz“, nahe Templin in der Uckermark. Nach ihrem Abitur arbeitet die 19-jährige junge Frau nun mit Kindern und Jugendlichen, die vorübergehend oder auf Dauer nicht bei ihren Eltern wohnen können. Erfahrungen damit hatte Milena Damitz bisher keine. „Ich habe durch einen Freund unserer Familie von der Einrichtung erfahren, weil er dort arbeitet“, berichtet sie. „Das klang so interessant und deshalb habe ich mich einfach beworben.“

Engagieren, neues Kennenlernen und vielleicht ein fester Job

An Schultagen hilft Milena Damitz den Kindern und Jugendlichen bei den Hausaufgaben. Darüber hinaus unterstützt sie die Mitarbeitenden in allen Bereichen: z. B. bei  alltäglichen Aufgaben im Haushalt oder bei der Freizeit- und Tagesgestaltung. Manchmal kaufen sie gemeinsam ein, kochen und essen zusammen. Milena Damitz möchte in den nächsten Monaten viele Erfahrungen sammeln, sich mit sozialer Arbeit vertraut machen und schauen, ob das eine berufliche Perspektive für sie ist.

Die Bedarfe von Menschen mit Behinderung hat Nabil Alsuliman bereits in seinem Heimatland Syrien kennengelernt. Vor seiner Flucht nach Deutschland arbeitete er als Buchhalter und Betreuer in einem Verein, der autistische Kinder unterstützt. Durch die Vermittlung des Diakonischen Werkes absolviert er derzeit ein BfD in der Betriebsstätte Wilhelminenhof der Stephanus-Werkstätten Berlin. Dort begleitet er die Beschäftigten mit Behinderung bei ihrer Arbeit. „Ich will mich hier in Deutschland mit meinen Fähigkeiten und meiner Kreativität einbringen“, sagt Nabil Alsuliman. Gern möchte er dann als richtiger Mitarbeiter in den Stephanus-Werkstätten angestellt sein.

Dass dies möglich ist, zeigt ein Beispiel aus der Stephanus-Kita in der Albertinenstraße in Berlin-Weißensee. Dort war Ahmad Jawid Salehi ein halbes Jahr im BfD tätig, lernte die Arbeit kennen und unterstützte das Team um Kitaleiterin Judith Becker-Sydow. Seit dem 15. August 2020 ist er mit einem Arbeitsvertrag als pädagogische Hilfskraft in der Kita eingestellt. „Herr Salehi ist mit seiner empathischen und ruhigen Art eine große Bereicherung sowohl für die Kinder, als auch für unser Team“, freut sich Kitaleiterin Judith Becker-Sydow. Er ist für die Kinder vor allem im Sport ein beliebter Spielpartner und auch ein guter Begleiter in allen kreativen Belangen.

Ahmad Jawid Salehi kam als Flüchtling aus Afghanistan nach Deutschland, lebt mit seiner Frau und seinen drei Kindern in Berlin. In seiner Heimat absolvierte er die Polizeiakademie. „Durch seine Kinder und seine Ausbildung bringt er wichtige Grundfähigkeiten einer pädagogischen Hilfskraft mit: Geduld, Fairness, Empathie und Spaß am Spiel“, sagt Judith Becker-Sydow.

Einen ganz anderen Zugang zu sozialer Arbeit können junge Menschen über Praktika bekommen. Im August haben Lea Sophie Hirschmüller und Jonathan Hübner in den Stephanus-Werkstätten Wittstock ein Schülerpraktikum begonnen. Beide besuchen das Oberstufenzentrum in Neuruppin und erwerben dort das Fachabitur für soziale Berufe. Das Ausbildungsformat sieht dabei vor, dass die Schülerinnen und Schüler an drei Tagen pro Woche in einer sozialen Einrichtung tätig sind.

Für Lea Sophie Hirschmüller passt das gut zusammen. Ein Angehöriger ihrer Familie ist in den Stephanus-Werkstätten Kyritz beschäftigt und so kannte sie diese schon. „In meinem Praktikum möchte ich viele neue Dinge kennenlernen und erhoffe mir, vielleicht auch den Beruf zu finden, den ich später ausüben möchte“, sagt die Schülerin aus Wittstock.

Ein Jahr lang werden die beiden Schüler nun bei Stephanus hoffentlich gute Erfahrungen mit sozialer Arbeit machen. Gleichzeitig lernen sie aber auch die Stiftung als Arbeitgeberin kennen. Das wäre dann für uns eine Chance, junge Menschen für eine Ausbildung oder eine anspruchsvolle Tätigkeit bei Stephanus zu begeistern. 

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