„…auf jeden Fall nachhaltig!“

Pressesprecher Herr Jeutner und Pfarrerin Frau Dr. Ueberschär von der Stephanus-Stiftung  im Gespräch

Seit dem 1. Juni 2022 ist Pfarrerin Dr. Ellen Ueberschär Vorständin in der Stephanus-Stiftung. Im Interview mit Martin Jeutner spricht sie über ihre ersten Erfahrungen im diakonischen Unternehmen und welche Aspekte ihr in ihrer Arbeit wichtig sind.

Frau Pfarrerin Ueberschär, in den letzten Wochen haben Sie bereits einige Stephanus Einrichtungen und Regionen kennengelernt. Welche ersten Eindrücke haben Sie gesammelt?

Den tiefsten Eindruck haben die Kolleginnen und Kollegen hinterlassen. Sie sind hoch engagiert und voller Empathie bei den Menschen, für die sie da sind. Die äußeren Umstände der Arbeit sind an manchen Standorten mit großen Herausforderungen belastet. Damit klarzukommen und gleichzeitig so passioniert zu arbeiten, ist für mich ein Ansporn. 

Als langjährige Führungskraft in kirchlichen und politischen Organisationen sind Sie mit etablierten Strukturen vertraut. Wie haben Sie bisher die Stephanus-Stiftung wahrgenommen?

Naja, die Strukturfrage ist sicher ein großes Thema. Aber für die Einarbeitung steht für mich im Vordergrund, Vertrauen der Mitarbeitenden zu gewinnen, den Kontakt aufzubauen und zu vertiefen. In jeder Struktur kann missmutig oder eben engagiert, so wie bei Stephanus, gearbeitet werden. 

Mit Ihren Vorstandskollegen haben Sie Verantwortungsbereiche abgestimmt. Welche Aufgaben liegen bei Ihnen?

Ja, die Verantwortungsbereiche haben wir abgestimmt. Zugleich ist der Vorstand aber eine Einheit, die gemeinsam Lösungen und Strategien erarbeitet. Ich freue mich, dass ich den Bereich der Personalstrategie verantworten kann, der sehr gut mit dem Recruiting, dem betrieblichen Gesundheitsmanagement und der Stephanus-Akademie zusammenpasst und letztlich auch mit dem zentralen Qualitätsmanagement. Mit dem Netzwerk Personal haben wir die Möglichkeit, mit einem 360-Grad-Blick alle Themen der Gewinnung und Bindung von Mitarbeitenden zu erfassen. Vorstand Harald Thiel bleibt für das operative Personalwesen verantwortlich. So ergeben sich Synergien.

Hinzu kommt der wichtige Bereich der strategischen Weiterentwicklung unseres sozialen Unternehmens. Dazu gehört die klassische Unternehmensentwicklung, die den Markt beobachtet, die gesellschaftlichen Veränderungen, wie zum Beispiel die demografische oder sozialökonomische Entwicklung unserer Regionen erfasst und daraus Vorschläge für unsere Weiterentwicklung ableitet. Das Ganze steht unter einer zentralen Perspektive: der Nachhaltigkeit. 

Was meinen Sie damit konkret?

Wenn wir die Stephanus-Stiftung weiterentwickeln, dann auf jeden Fall nachhaltig! Nachhaltig im dreifachen Sinn von sozial, ökonomisch und ökologisch. Das Thema Nachhaltigkeit, insbesondere im Bereich der ökologischen Transformation, ist bisher in der Unternehmensentwicklung noch nicht gut genug verankert, auch wenn viel mehr schon läuft, als auf den ersten Blick sichtbar ist, z.B. im Einkauf. Ich habe gesehen, dass sehr viel Potenzial bei Mitarbeitenden da ist, die nachhaltige Entwicklung der Stephanus-Stiftung engagiert voranzubringen. 

Was ist Ihnen in Ihren Verantwortungsbereichen wichtig?

Zuallererst der Respekt für die große Leistung, die von den Kolleginnen und Kollegen täglich gemeinsam für die Menschen, mit denen wir arbeiten, erbracht wird. Was mich dann umtreibt, ist die Frage: Wie können wir gemeinsam besser werden? Holen wir das Beste für unsere Klientinnen und Klienten heraus? Reagieren wir rasch genug auf das, was sich im sozialen Bereich und in der Gesellschaft verändert? Am Ende geht es um die Menschen, für die wir ein komplexes Versorgungsnetz bereitstellen. Wenn wir das gut machen wollen, brauchen wir durchschaubare, verlässliche Prozesse, die diesem Ziel dienen. Insofern: Die Strategie muss klar sein und danach müssen sich die inneren Prozesse richten. Manche Prozesse sind weniger durchschaubar und verlässlich, weil die Strategie nicht klar ist.  

Welche Herausforderungen sehen Sie bereits heute?

Das Wichtigste ist, eine Idee zu haben, wohin wir wollen. Wie sieht die Arbeit der Stephanus-Stiftung in zehn Jahren aus? Was brauchen unsere Zielgruppen? Wer genau sind unsere Zielgruppen? Werden wir genügend und gut qualifizierte Mitarbeiter*innen haben? Wo werden wir mit welchen Angeboten präsent sein? Wie innovativ sind wir? Wie schnell sind wir, sowohl in der Umsetzung als auch in der Meinungsbildung und Entscheidung? In welchem gemeinsamen Geist geschieht die Arbeit? Ich wäre ja nicht Pfarrerin, wenn ich nicht auch sagen würde: Das was wir tun, ist auch Kommunikation des Evangeliums. Da geht es nicht nur um die Andachten und expliziten religiösen Handlungen, sondern um das tägliche Tun, das sich in einem größeren Leben geborgen weiß, egal, was geschieht.  

Trotz vieler Fragen klingt das sehr zuversichtlich.  

Aber ja, denn kein Wohin ohne Woher. Als die Stephanus-Stiftung 1878 gegründet wurde, war die Situation alles andere als einfach. Das änderte sich im Grunde nie. Die Bedingungen der sozialen Arbeit waren zu allen Zeiten herausfordernd. Immer haben bei uns Menschen im Geist eines menschenfreundlichen und hoffnungsvollen Vertrauens auf Gott gehandelt. Als Stiftung, die sich fast 145 Jahre durch ständigen Wandel erhalten hat, haben wir reichlich Wurzeln, aus denen wir Ideen und Zuversicht für unseren diakonischen Dienst schöpfen können. 

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