Die Kosten der Pflege sind eine gesellschaftliche Herausforderung

Zu Beginn des Jahres 2018 werden Träger von Pflegeeinrichtungen in Brandenburg die Beiträge zur finanziellen Kostenselbstbeteiligung von Bewohnerinnen und Bewohnern erhöhen. 

Auch die Wohn- und Pflegeeinrichtungen der diakonischen Stephanus gGmbH müssen die steigenden Personal- und Betriebskosten an die Bewohnerinnen und Bewohner weitergeben. Für einige Standorte hat das gemeinnützige Unternehmen bei der Arbeitsgemeinschaft der Pflegekassenverbände aktuell eine Kostensatzsteigerung beantragt. 

Sabine Sickau, Geschäftsbereichsleiterin Wohnen und Pflege in der Stephanus gGmbH erläutert die Situation: „Die Pflegeversicherung ist nur eine Teilkaskoversicherung mit Festbeträgen für den Versicherungsträger. Derzeit müssen Kostensteigerungen ausschließlich von Pflegeversicherten getragen werden“. 

Insbesondere die angemessene Vergütung des Pflegepersonals ist dringend notwendig. Weil die Stephanus gGmbH ihre Mitarbeitenden nach Tarif vergütet, sind auch hier die Steigerungen im Kostensatz zu berücksichtigen. Das betrifft auch die Kosten für die Pflegeausbildung junger Menschen. 

Die vorgesehenen Kostensteigerungen erzeugen Unmut bei vielen Betroffenen. Deshalb führen die Stephanus Einrichtungsleiterinnen und Leiter derzeit zahlreiche Gespräche. Sie erklären dabei, wie sich die einzelnen Beträge zusammensetzen und warum sie sich erhöhen. „Diese Gespräche sind uns sehr wichtig und führen meist zu mehr Verständnis bei den betroffenen Familien“, sagt Sabine Sickau. 

Im aktuellen Rahmenvertrag für stationäre Einrichtungen der Pflege sind im §75 Abs. 1 SGB XI (Anlage 1) zum 01.07.2017 höhere Personalschlüssel für die Pflegeeinrichtungen im Land Brandenburg festgelegt. Dadurch kann auch in den Stephanus Wohn- und Pflegeeinrichtungen mehr Pflegepersonal eingesetzt werden. „Dies ist ein enormer Gewinn für unsere Bewohnerinnen und Bewohner“, erläutert Sabine Sickau. Mehr Mitarbeitende haben auch mehr Zeit für die Pflege und Betreuung. Aber es entlastet auch die Kolleginnen und Kollegen, deren Belastungsgrenzen erreicht sind. 

Denn was die Situation der Pflegefachkräfte betrifft, sieht es in Brandenburg mehr als dramatisch aus. Laut der aktuellen „Brandenburger Fachkräftestudie Pflege“, gibt es einen Personalmehrbedarf von über 11.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, Tendenz steigend. Denn bis zum Jahr 2040 erhöht sich in Brandenburg die Zahl der auf Pflege angewiesenen Menschen um etwa 70 Prozent auf rund 173.000. 

Angesichts dieser dramatischen Prognose kündigte Brandenburgs Sozialministerin Martina Golze im Dezember 2017 eine Bundesratsinitiative an, um die Belastungen für Pflegebedürftige in Grenzen zu halten. Auch der Deutsche Evangelische Verband für Altenarbeit und Pflege (DEVAP) sieht die Politik nach wie vor gefordert, „mutige Rahmenbedingungen für eine echte Stärkung der Altenpflege" zu schaffen. Konkret fordert der Verband für die Pflege eine echte Teilkaskoversicherung, die stärkere Einbindung der Zivilgesellschaft sowie die Sicherung der Personalausstattung. 

Diese Forderung unterstützt auch die Stephanus gGmbH. Denn die diakonischen Wohn- und Pflegeeinrichtungen sehen sich einem starken Wettbewerbsdruck ausgesetzt. Das betrifft eben insbesondere die angespannte Personalsituation. Sabine Sickau: „Wir geben den Bewohnerinnen und Bewohnern die bestmögliche Betreuung und Pflege. Das erwarten sie und sie haben Anspruch darauf. Um auch unserem eigenen hohen Anspruch gerecht zu werden, benötigen wir Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die gut ausgebildet, motiviert und belastbar sind. Und wir müssen in der Lage und bereit sein, sie anständig zu bezahlen“.

Die Wertschätzung, die Pflegekräften entgegengebracht wird, ist leider nicht sehr hoch. Dabei ist gerade dieser Beruf vielseitig und interessant. Doch junge Menschen für diesen Beruf zu begeistern und sie auf dem gewollt hohen Niveau auszubilden, ist eine sehr große Herausforderung. 

„Wir nehmen unsere Verantwortung für die Bewohnerinnen und Bewohner in unseren Einrichtungen sehr ernst“, sagt Sabine Sickau. Doch für gute und auskömmliche Rahmenbedingungen in der Pflege zu sorgen, sei eine politische und gesellschaftliche Aufgabe, die alle betrifft. Man hätte sich mit diesem Thema rechtzeitig beschäftigen müssen. Nun ist es „fünf nach zwölf“. Und es sei nicht richtig, am Ende die Einrichtungsträger bzw. die Kolleginnen und Kollegen dort für die aktuelle Situation verantwortlich zu machen, unterstreicht Sabine Sickau.

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