Von Martin Jeutner
Aus Nächstenliebe eröffneten Christen im Jahre 1847 in Brüssow (nordöstliche Uckermark) ein „Rettungshaus“ nach dem Vorbild Johann Hinrich Wicherns. Er gründete 1833 in Hamburg das „Rauhe Haus“ für heimatlose Kinder und Jugendliche. Mit seiner Forderung: „Mut zur ersten kleinen Tat“ begann vor 170 Jahren die sozial-diakonische Arbeit in der Uckermark.
Eine Festwoche mit verschiedenen Veranstaltungen erinnerte an dieses Jubiläum. Sie begann mit einem Chorkonzert am 7. Juni in der Brüssower Kirche. Dabei musizierten das „Preußische Kammerorchester“ aus Prenzlau und der „Uckermärkische Konzertchor“ unter der Leitung von Jürgen Bischof.
Unter der Überschrift „Mutig in Brüssow“ beleuchtete ein „Historischer Abend“ am 8. Juni, im Stephanus-Seniorenzentrum Haus am See, die wechselvolle Geschichte sozialer Arbeit in der Region.
Dr. Friedemann Green, Vorstandsvorsitzender des Rauhen Hauses in Hamburg, stellte die Initiative Johann Hinrich Wicherns in den geschichtlichen Zusammenhang der damaligen Zeit. Dabei kamen insbesondere Wicherns pädagogische Beweggründe sowie seine unternehmerischen Qualitäten zur Sprache.
Uwe Gerson, Archivar der Stephanus-Stiftung, erzählte von einem dunklen Kapitel in der Geschichte des „Rothen Hauses“ während des Nationalsozialismus. In dieser Zeit war die Einrichtung ein Vertragsheim zur Unterbringung von Kindern aus der städtischen Nervenklinik für Kinder in Berlin Wittenau. Deren „Kinderfachabteilung im Wiesengrund“ war intensiv an der staatlichen Vernichtungsaktion „T4“ beteiligt.
Über die Entwicklung zu DDR-Zeiten und nach der politischen Wende berichtete Pastor Werner Braune. Als Direktor leitete er ab 1979 für 22 Jahre die Stephanus-Stiftung. Unterhaltsam und anekdotenreich erinnerte Braune an einzelne Begebenheiten und Personen, die mit Mut und Gottvertrauen die diakonische Arbeit vorangebracht haben.
Mit einem Grußwort und Abendsegen begleitete der Bischof im Sprengel Mecklenburg und Pommern, Dr. Hans-Jürgen Abromeit, diesen Abend.
Das große Familienfest am 10. Juni auf der Freilichtbühne am Brüssower See rundete die Festwoche ab. Beim musikalischen Festgottesdienst wirkten mehrere Ehrengäste mit: Diakonie-Direktorin Pfarrerin Barbara Eschen (Berlin), Diakonie-Landespastor Martin Scriba (Schwerin), Propst Andreas Haerter (Nordkirche) und Pastor Matthias Gienke (Brüssow). Die musikalische Gestaltung arrangierte Kantor Julius Mauersberger aus Pasewalk mit der Band „stop&go“.
Für die Landesregierung Brandenburg sprach Sozialministerin Diana Golze ein Grußwort. Darin würdigte sie die Stephanus-Stiftung und sagte: „Die Stephanus-Stiftung deckt eine große Bandbreite der sozialen Arbeit ab. Sie ist für unser Land ein wichtiger – ich würde sogar sagen, ein unverzichtbarer – Partner.“
Nach dem Festgottesdienst erfreuten sich die Gäste an zahlreichen Aktions- und Spielständen, der lokalen Gastronomie sowie einem Kinderzirkus. Die Templiner Band „Lehrgut“ gab zum Ende des Abends ein Konzert.
Auch für über 50 Jugendliche aus der Region war dieses Wochenende ein Höhepunkt. Sie nahmen an einem „Christlichen Jugendcamp“ am Brüssower See teil. Dabei folgten sie den Spuren sozialer Arbeit in Brüssow, sangen, beteten und feierten gemeinsam. Bei sommerlichen Wetter konnten sie Kanufahren und Baden und verbrachten eine kurze helle Nacht am Lagerfeuer.
Organisiert wurde diese Festwoche von der Evangelischen Kirchengemeinde Brüssow, der Stephanus-Stiftung sowie der Stadt Brüssow. Beteiligt waren zahlreiche ehrenamtliche Helferinnen und Helfer sowie weitere Akteure aus der Region.
In der Uckermark trägt die gemeinnützige Stephanus-Stiftung seit vielen Jahrzehnten Verantwortung für soziale Aufgaben und Dienste. Die Einrichtungen im Landkreis Uckermark liegen in Templin, Lychen, Milmersdorf, Brüssow und Haßleben. Nahezu 1200 Erwachsene, Kinder und Jugendliche nehmen in diesen Einrichtungen soziale Leistungen in Anspruch.
In Berlin und Brandenburg verantwortet die Stephanus-Stiftung über 100 diakonische Einrichtungen mit Wohn- und Arbeitsangeboten für Menschen mit Behinderung, Einrichtungen der Kinder-, Jugend- und Familienhilfe, Bildungseinrichtungen sowie Pflege- und Betreuungsangeboten für Senioren. Darüber hinaus auch Dienste für geflüchtete Menschen. Für rund 4000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sowie über 60 Auszubildende ist das diakonische Unternehmen mit ihren Tochtergesellschaften ein verlässlicher Arbeitgeber.
Weitere Informationen finden Sie unter www.stephanus.org