Berufsorientierung ist die DNA und ein Mittelpunkt schulischen Handelns und Denkens

Jan Olschewski leitet das Oberlin-Seminar

Über die berufsorientierende Verantwortung der Schule in Zeiten des Fachkräftemangels. Eine Schulleiterperspektive von Jan Olschewski.

Es ist früher Morgen. Noch sind keine Schüler*innen zu hören oder zu sehen. Erste Tat: Einen freundlichen guten Morgen ins Sekretariat, hier läuft das Telefon schon heiß. Zweite Tat: Kaffee. Dritte Tat: Rechner an, E-Mails aktualisieren. In wenigen Augenblicken bauen sich kaskadenartig die ungelesenen bzw. neuen E-Mails auf. Mein Unterricht beginnt demnächst, also muss erstmal ein schneller Blick genügen. Irgendwelche Katastrophen? Dringender Handlungsbedarf? Senat?

Während ich das Postfach runterscrolle, fallen mir wie fast jeden Tag wieder diese Mails auf mit Betreffs wie „Bitte um dringende Unterstützung“ oder einfach nur „Bitte um Hilfe“. Das Besondere daran ist, sie kommen von Kitas, Pflege- und Fürsorgeeinrichtungen und sind persönlich an mich als Schulleiter gerichtet.  

Diese Anfragen erhalten ich und wir als Oberlin-Seminar mehrmals die Woche. Es geht immer darum, dass pädagogische und sozialpädagogische Fachkräfte fehlen, Vermittlungen und Ausschreibungen ins Leere führen und wir als Ausbildungsstätte für Sozialassistent*innen und Erzieher*innen um Unterstützung, Vermittlung und Werbung gebeten werden. Diese Hilferufe haben zugenommen.  

Davon mal ganz abgesehen, ist der Fachkräftebedarf ja auch bei Stephanus ein Top Thema. Als Oberlin-Seminar wollen wir hier zukünftig intensiver mitdenken und Synergien schaffen.  

Berufsorientierung ist lange Zeit an vielen Stellen nur am Rande abgelaufen. Außer eine Schule hatte das Glück über besonders fortgebildete bzw. engagierte Kolleg*innen diesbezüglich zu verfügen, war dieses Thema überwiegend outgesourct. Das „Danach“ fand buchstäblich woanders statt.

In Zeiten des Fachkräftemangels und der aktuellen gesellschaftlichen Bedarfe, muss das anders laufen. Die konsequente, multiperspektivische und motivierende Berufsberatung bzw. Berufsorientierung muss Kernstück und DNA vor allem für berufsbildende Schulen sein.

Was heißt das in der Praxis und was heißt das im Oberlin-Seminar?  

Stichpunkt „Konsequent“: Berufsorientierung findet immer statt. Ob in Anmeldeprozess, Gesprächen, während des Unterrichts, und zwar fächerübergreifend, in speziellen Momenten wie Veranstaltungen und natürlich in lebendigen Kooperationen.  

Stichpunkt „Multiperspektivisch“: Lernenden sollten ein Maximum von Informationen, Erfahrungen und Hilfestellungen zur Verfügung gestellt werden, um eine informierte Entscheidung über ihren Berufsweg treffen zu können. Hier braucht es also mehrere Perspektiven. Im Oberlin-Seminar heißt das, dass wir auf Beratung und Expertise sowohl von z.B. der Arbeitsagentur, die regelmäßig auf unserem Campus ist, zurückgreifen, wie auch auf die Expertise von unseren Kolleg*innen, die alle und in besonderem Maße fachpraktische Berufserfahrungen mitbringen und in ihre pädagogische Arbeit direkt einfließen lassen. Darüber hinaus können wir uns auf Beratung und Orientierungshilfestellungen von Kooperations- und Praktikumspartnern verlassen.   

Gelingt das, kann Schule nachhaltig und konsequent helfen, wichtige und gut informierte Lebensentscheidungen zu treffen und gleichzeitig in Sachen Fachkräftemangel einen noch größeren Lösungsbeitrag leisten. Berufsberatung als win-win. Also, sind wir kreativ und kümmern uns um das „Danach!“

Jan Olschewski
Schulleiter Oberlin-Seminar

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